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#1 – Der kreative Bereich ist auch kein Ponyhof

 

Das Arbeiten in einem kreativen und künstlerischen Bereich stellt man sich wahrscheinlich oft fancier vor, als es wirklich ist. Champagner ist in Wahrheit billiges Bier, und der gute Kaviar sind auch nur Salzstangen in ’nem Plastikbecher.
„Aber ist das nicht was ganz anderes, wenn man seinen eigenen Space und eine Galerie hat?“
Ja – ähm, mag sein, aber ich glaube, ihr vergesst wohl, dass ich hier die Toiletten selbst schrubben muss.

Ich liebe meine Arbeit und das, was ich mache, keine Frage – aaaaber es gibt auf jeden Fall Aufgaben und Tätigkeiten, die würde ich jetzt nicht vermissen. Das Kreieren bzw. Bearbeiten von Aufträgen und der damit verbundene Zeitdruck und manchmal die Erniedrigung seitens der Auftraggeber sind mal jetzt im Kühlfach abgestellt. Aber mit dem eigenen Laden und der Galerie so wichtige Entscheidungen zu treffen – hui, gar kein Spaß. Die Bürokratie. Absagen zu verteilen. Leute wegzustoßen. Und oh Gott, die E-Mails! Lass mich bitte eine Soja-Boulette bestellen und verklag mich, weil ich das nicht mehr so nennen darf – aber warum kriege ich so viele E-Mails am Tag? Das sind einfach Stunden eines Tages, in denen ich sie mir alle durchlesen muss und danach überlegen muss, was ich darauf antworte. Manche E-Mails oder Nachrichten sind auch so hirnlos (sorry). Aber ich weiß, das gehört dazu, und ich weiß, es ist halt der Job, wie man so gern sagt. Jeden Tag arbeitest du einen Stapel Arbeit ab, und gleichzeitig wächst hinter dir ein anderer – so schnell wie ein Pickel bei einem pubertierenden Jungen. Es ist unglaublich, wie viel du abarbeiten kannst, aber dadurch, dass es so viel ist, hast du das Gefühl, nichts geschafft zu haben. Aber Gott sei Dank gibt es jeden Tag einen neuen Tag – einen neuen Tag, an dem du dich um deine Rabauken kümmern musst, die du so liebevoll Kolleg:innen nennst.

 

 

1. Wer kreativ sein will, muss leiden!

Früher hat für mich der Tag meistens so gegen 9:00 Uhr angefangen. Heute wie damals hatte ich immer feste Routinen – ohne die würde ich, glaube ich, die Kontrolle über mich selbst verlieren und anfangen, bunte Beanies anzuziehen. Ich habe Kaffee getrunken, dann an Aufträgen oder Projekten gearbeitet, und mittags ging es für mich entweder ins Büro in die Baulogistik oder in den Schnitzelladen, um Essen zu servieren. Dann wieder zurück, ab an den Tisch und weiter coole und funky Designs raushauen – meistens bis 3 Uhr morgens. Ich war so ein richtiger Nachtfisch. Die Arbeit als Freiberufler war okay, würd ick mal sagen – nichts Erfüllendes. Alles, was Essen und Miete zahlt, ist und war gut.
Kreative Projekte? Selten! Anstrengende Auftraggeber:innen? Oft!

Am schlimmsten waren für mich immer die Art Direktoren – die kleinen Grafikdesigner (nicht gegendert, weil es immer Männer waren), die endlich an der Spitze der Design-Pyramide sind und jetzt den Ton angeben. „Los! Designe für mich, du Narr!“ – so hat es sich immer angefühlt.
Die haben es auch ein bisschen zu sehr ausgelebt ”Künstler” zu sein, und bei jedem Projekt taten sie so, als würden sie die nächste Gucci-Kollektion rausbringen – „Thomas, wir machen Poster für ein Lack- und Farbenunternehmen, beruhig dich, Bro.“ Ich glaube aber tatsächlich, dass diese expressionistische Art und Weise bei den Menschen oft die „Creative People“ definiert, die ich am Anfang wirklich gehasssssssst habe – hahahaha.

Ja, wat willste machen – wenn man in assi Marzahn aufwächst, hat man eben ein bestimmtes Bild über Künstler:innen, und man muss sagen: stimmt halb. Als ich angefangen habe, Illustration zu studieren, hab ich so oft den Satz gehört:
„Was, du studierst Illustration? Du siehst gar nicht aus wie ein Illustrator, du siehst ziemlich normal aus.“ Und ja, keine Ahnung – ist ja auch Rille.

Wenn du aber einfach in dem Feld arbeitest, merkst du dann doch ziemlich schnell, dass du auf sehr facettenreiche Menschen triffst – und das macht es dann doch sehr spannend. Seit der Eröffnung des Ladens habe ich schon so viele coole Illustrator:innen kennengelernt, und ja, manche sind ultraextrovertiert oder haben einen Main-Character-Vibe. Und manche sind dann oft die, die relativ „Peilo“ sind und Dinge sehr schnell übersehen – da musst du halt wie ein Vater oft zweimal nachhaken.

Aber ich bin ziemlich froh, nur mit den Leuten zu arbeiten, mit denen ich auch wirklich arbeiten will. Ich hatte anfangs die Befürchtung, dass ich zu jedem Ja sagen würde, weil ich Angst habe, Nein zu sagen.
Aber es hat geklappt – und ehrlich gesagt machen manche Anfragen, bzw. die Art, wie die Leute anfragen, es einem ziemlich leicht, Nein zu sagen.

 


2. Ich will verkaufen, ich will verkaufen, ich will verkaufen.

Es war und ist auf jeden Fall ein großes Privileg, dass der Creative Space hier so gut aufgenommen wurde und in der Illu-Community immer mehr an Beliebtheit gewinnt. Leider ist er nicht endlos, bzw. ist der Platz nicht endlos – und das muss jeder verstehen, ich halt auch. Es ist immer sehr nett, und man trifft viele interessante Leute, die hier vorbeikommen – leider aber auch nicht so coole Leute. Sei es ein KI-Künstler, der mit seinen Drucken vorbeikommt, seine Legitimation einklagt und über Daseinsberechtigung diskutiert, oder Hobby-Künstler:innen, die sich den Verkauf von Werken für „zwischendurch“ oder „nebenbei“ gut vorstellen können.

Na Kinders, habt ihr Lust, meine Top 3 der unangenehmsten Anfragen im Laden zu hören? Da spitzt mal eure Ohrläppchen.



Nr. 3:
Der Mann – nennen wir ihn Manfred – der herkam und mir seine Pollock-artigen Leinwände gezeigt hat und meinte, dass ich sie hier verkaufen könnte. Ich habe ihm erklärt, dass wir leider der falsche Ansprechpartner sind, da wir ein auf Illustration und Grafik spezialisierter Shop und eine Galerie sind, die nur mit Illustrator:innen und Grafiker:innen arbeitet. Seine Antwort darauf war: „Hä, voll unfair, wieso?!“
Das liegt daran, dass ich Illustration studiert habe, Illustrator bin und ehrlich gesagt nicht so viel Ahnung von Malerei und freier Kunst habe. Ich habe ihm erklärt, dass meine Kompetenzen woanders liegen und gerne in meiner Nische bleiben will. Er hat mir – ey, und das wirklich – vorgeworfen, dass ich diskriminierend wäre, dass ich andere Kunstbereiche ausgrenze und sie kaputt mache. Und, Leute, da muss ich jetzt zugeben: Das ist die Macht, die ich habe. Staatliche Kunstförderungen, die reduziert wurden? War alles ick!

Aber um das noch mal klarzustellen: Ich sehe nicht ein, dass ich mich rechtfertigen muss, was ich in meinem Laden mache und wie ich ihn handhabe – er heißt ja immer noch „Cuongs Creative Market“ und nicht „Manfreds Creative Market“. Größtenteils arbeiten Galerien, Art Fairs etc. nur mit freien Künstler:innen, Maler:innen, Fotograf:innen usw. – soll mir recht sein. Aber ich hatte immer das Gefühl, so einen richtigen Space nur für Illustrator:innen gab es nie.

 

Unangenehm Nr. 2:
Der Vater, der seine Tochter in den Laden geschleppt hat, damit sie mir ihre Sachen zeigt, damit ich sie verkaufen kann.
Der Vater hat wirklich Sachen gesagt wie: „Ja, sie malt voll gut, zeig ihm mal deine Sachen, dann kann der Herr sie hier verkaufen!“ und „Na, ist doch geil, oder? Hat doch mega Talent, hier kannst du die dann einrahmen und verkaufen.“

Da war wirklich keine Ironie. Die Tochter selbst wollte auf gar keinen Fall da sein, ihr war das super unangenehm. Und das ist halt auch eine Kacksituation – du kannst ja schlecht zu einem Kind, das wahrscheinlich so zehn war, sagen: „Verpisst dich.“ Und das Kind kann ja auch nichts dafür. Ich habe mir ihre Bilder angeschaut und ihr gesagt, dass wir hier mit ausgebildeten Leuten vom Fach arbeiten und dass das hier alle hauptberuflich machen. Ich habe ihr geraten, weiter zu malen, kreativ zu bleiben und nicht die Lust daran zu verlieren.

Ey, und ich weiß nicht, was mit dem Kerl war, aber das war so unangenehm, weil er sie die ganze Zeit getriezt und quasi „verkauft“ hat – und sie in eine Situation gezwungen hat, die sie nicht wollte.

An alle Eltern: Kinder sind Kinder. Egal wie gut sie in etwas sind – sie verlieren schnell das Interesse. Und, seien wir ehrlich, die Kreativität eines Kindes ist zwar unschuldig, neu und schön – das macht sie aber noch nicht zu kleinen Mozarts, falls ihr versteht, was ich meine. Lasst Kinder einfach Spaß am Malen haben. Wenn ihr sie unterstützen wollt, kauft ihnen Stifte oder Malutensilien, aber versucht nicht, sie als heilige Mini-Van-Goghs darzustellen.

 

Und Uno:
Das Pärchen, bei dem die Freundin Künstlerin ist und der Dude wahrscheinlich Choleriker – haha.

Die zwei waren irgendwann zu einem relativ ungünstigen Zeitpunkt hier, weil viel Kundschaft da war, und sie wollten mir unbedingt ihre Arbeiten zeigen. Ich sage aber immer und das zu jedem: bitte eher online, weil ich vor Ort meistens keine Zeit habe – ich muss halt Kund:innen bedienen. Der Typ wollte aber unbedingt, dass ich es mir ansehe, weil sie, laut seiner Aussage, lange gefahren sind, um mir das zu zeigen. Die Aussage fand ich persönlich ein bisschen irrelevant, da ich sie ja nicht darum gebeten hatte und auch kein Termin o. Ä. vereinbart war. Als es ruhiger wurde und alle anderen weg waren, habe ich mich breitschlagen lassen und es mir angesehen. Man muss vielleicht erwähnen, dass vieles einfach Canvas-Arbeiten waren – und ich habe wirklich keinen Platz für Leinwände. Ich habe ihr gesagt, dass wir dafür leider keinen Platz haben und dass hier nur Illustrator:innen vertreten sind. Sie meinte daraufhin, dass sie eine sei und dass einige ihrer Arbeiten ja schon illustrativ seien. Ich meinte nur: „Naja, geht so, aber es passt stilistisch nicht zu den anderen Werken hier und würde ein bisschen die Harmonie zerstören – sorry.“ Und der Dude ist dann aufgestanden und hat angefangen, laut zu rufen: „Ach komm, wir gehen, was weiß der denn schon!“

Ich fragte: „Wie meinst du das?“
Dann hat er noch irgendwas gesagt, aber sein Schluss war: „Ja… Kunst ist was Subjektives, jeder hat einen anderen Geschmack! Und was ist denn deine Expertise?!“

Hä? Naja – du stehst quasi in meiner Expertise, Bruder. Klar ist Kunst subjektiv, und Dinge, die mir gefallen, gefallen anderen wiederum nicht, und andersherum. Aber ich wähle die Werke und Arbeiten ja nicht danach aus, ob ich sie selbst aufhängen würde – sonst hätten wir hier keine Vielfalt im Showroom. Ich kann aber sehr wohl erkennen, ob in einer Arbeit grafische oder illustrative Elemente sind – oder eben nicht. Ich wollte die beiden wirklich nur noch raus haben, und ehrlich gesagt tat mir die Frau mega leid. Ich hoffe, der Typ war nicht ihr Manager – hahaha.

 

Hey, versteht mich jetzt nicht falsch und habt keine Hemmungen, Anfragen zu stellen oder euch weiterhin zu bewerben.
Ich sage auch immer zu jungen Illustrator:innen und Absolvent:innen:
„Ihr müsst nerven!“ Bewerben, Portfolios schicken – kriegt man keine Rückmeldung, dann nochmal, und auch Updates schicken. Keiner sieht euch – bzw. nicht sofort. Ihr müsst Aufmerksamkeit generieren, aber immer auf eine professionelle, angenehme und höfliche Art und Weise. Ich schaue mir jede Bewerbung an und melde mich auch zurück. Manchmal geht’s halt langsamer oder ich brauche länger – das ist leider so. Aber vergesst nicht, eure Etikette zu bewahren und eine Absage auf keinen Fall persönlich zu nehmen.

 

 

3. Irgendwann leichter?
Wenn ich daran denke, dass diese ständige Arbeit, neue visuelle Werke zu kreieren, einerseits mit so viel Input und Aufopferung verbunden ist und dass die Vergütung oft nur für einen Sack Reis reicht, frage ich mich doch, ob ich nicht lieber bei DM Regale einräumen sollte.
Ich weiß zumindest, dass ich schon sehr verwöhnt bin im Designbereich, mich über zu viel Arbeit zu beschweren – und alle, die sagen „Ja, lieber so als andersrum, oder?“, haben zu einhundert Prozent recht.

Nach meiner idealen Vorstellung wird es Cuongs Creative Market und alle seine Zweige bis zu meinem Rentenalter geben. Anders gesagt: Ich möchte, dass es mit dem Laden weitergeht, aber ich möchte nicht, dass es so, wie es im Laden gerade ist, weitergeht.

Der Plan ist, sich im Laufe der Zeit ein bisschen zurückzunehmen und sich auch mal auf das Privatleben zu konzentrieren – und der nächsten Generation mehr Verantwortung zu überlassen.

Ich will nach Italien fahren und lässig auf den Sonnenuntergang schauen, mit einem Campari Spritz in der Hand und dem Wind in meinen Haaren.
Oder einfach mal acht Stunden durchgängig schlafen – jop, dit wäre och nett.

 

Diese Weisheit, Bruder: „Sei als Kreativer ein bisschen weniger Peilo“

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